Peanut Butter! Harvard! Apple Pie! Allen Unkenrufen zum Trotz schauen die USA auf einen Fundus an Werten zurück, nach denen sich andere Nationen die Finger lecken würden.
In unserer USA-Reihe gehen wir eben diesen American Values auf den Grund. Jede Woche nehmen wir einen US-Staat unter die Lupe und beleuchten seine Besonderheiten. Beim letzten Mal machten wir einen Ausflug nach Michigan. Heute reisen wir weiter Richtung Zentrum der USA. Dort, wo nach Meinung vieler das zarteste Fleisch Amerikas heranreift.
Nebraska ist sehr landwirtschaftlich geprägt
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Da geht der Bär höchstens zum Schlafen hin – oder?
Willkommen in Nebraska! Zugegeben, das mag auf viele nicht wie eine besonders attraktive Begrüßung wirken. Wenn man an Staaten denkt, in denen sprichwörtlich der Bär steppt, denkt man an Staaten wie Illinois mit seiner Weltmetropole Chicago oder auch Tennessee mit seiner „Music City“ Nashville. Aber nicht Nebraska. Dorthin, so könnte man meinen, gehen die Bären höchstens zum Schlafen. Doch ist es bei Nebraska so, wie so häufig: Es steckt mehr dahinter, als man zunächst annimmt. Also, tauchen wir ein in das Herz Amerikas und finden wir gemeinsam heraus, wofür es schlägt.
Nebraska als das geographische Herz Amerikas zu bezeichnen, ist nicht zu hoch gegriffen. Tatsächlich liegt der Staat in der Mitte des Landes und ist somit auch von besonders vielen anderen Staaten umgeben. Dies sind, im Uhrzeigersinn beginnend mit dem nördlichen Nachbarn: South Dakota, Iowa, Missouri, Kansas, Colorado und Wyoming. Laut dem U. S. Census Bureau zählt Nebraska zum Mittleren Westen und befindet sich an dessen äußerstem westlichen Rand.
Teilweise ist Nebraska durchaus gebirgig
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Auf in den Wilden Westen: Hier musste jeder durch
Aufgrund dieser Lage galt Nebraska im 18. und 19. Jahrhundert als das „Tor zum Wilden Westen“. Wer sich damals von der Ostküste Richtung Westen aufmachte, durchquerte Nebraska und war anschließend hinter der Frontier (Grenze): Hier begann der Wilde Westen, hier war das Land noch unerforscht und unbesiedelt. Nebraska war sozusagen ein „Durchzugsland“. Jeder, der sich im Westen eine eigene Existenz aufbauen wollte und das Abenteuer suchte, musste hier einmal durch.
Geographisch lässt sich Nebraska in zwei große Bereiche einteilen. Ein Großteil, gut zwei Drittel des Staates in westlicher Richtung, ist von den Great Plains geprägt. Zu Deutsch bedeutet dies in etwa „Große Ebenen“. Die Great Plains sind ein flaches und trockenes Gebiet, das sich als Streifen von Nord nach Süd erstreckt, und zwar von Montana bis hinunter nach Texas. Die Great Plains sind das, was wir aus Western-Filmen als klassische Prärielandschaften kennen. Sprich: Es ist vergleichsweise trocken, es gibt weite Grasflächen, und steht man nachts unter dem Sternenhimmel, hat man den Eindruck, der Himmel sei regelrecht unendlich.
Der Sternenhimmel über Nebraska scheint oft unendlich
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Sanfte und geschwungene Hügel
Das andere Drittel Nebraskas im Osten zählt zu den Dissected Till Plains. Hier befanden sich während der Eiszeit viele Gletscher, die dafür sorgten, dass die Landschaft heute von den sogenannten Gently Rolling Hills geprägt ist: Sanfte und geschwungene Hügel, häufig bewachsen von Pinien und Pappeln. Diese geogpraphischen Voraussetzungen sowie die Fauna machen die Dissected Till Plains zur Heimat vieler typisch US-amerikanischer Tierwesen: Elche, Truthühner, Dickhornschafe und Maultierhirsche.
Nich wenige meinen, dass aus Nebraska die besten Steaks kommen
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Saftig grüne Wiesen, saftige Steaks: Nebraskas Landwirtschaft
Nebraska ist hochgradig landwirtschaftlich geprägt. Unfassbare 95 (!) Prozent der Fläche Nebraskas sind landwirtschaftlich genutzt. Ergo: Die Bevölkerungszahl Nebraskas ist niedrig, im Staat leben gerade mal knapp 1,9 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Nebraska ist mit knapp 200.000 Quadratkilometern fast dreimal so groß wie Bayern, Letzteres kommt jedoch auf gut 13 Millionen Einwohner.
Nebraska liegt sowohl im Grain Belt als auch im Corn Belt und zählt damit zu den Staaten, in denen Landwirte im großen Stile Mais und Weizen anbauen. Getreidearten wie Sommer- und Winterweizen sowie Hirse finden in den Great Plains ideale Bedingungen. Dort, wo es hügeliger wird, ist zudem die Viehzucht von enormer Bedeutung. Nicht wenige sind der Meinung, dass die Landwirte Nebraskas das beste Fleisch der USA produzieren. Gut 60 Prozent des US-Rindfleisches stammen aus Nebraska. Die hier grasenden Angus-Rinder genießen viele Freiheiten und werden zusätzlich mit Maismischfutter gefüttert, was dem Nebraska Beef seine ausgeprägte Marmorierung und seinen besonderen Geschmack verleiht. Dies macht es weltweit unter Fleischfans zu einem gefragten Gut.
Saftig grüne Wiesen: Hier fühlen sich Nebraskas Rinder wohl
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Springsteens musikalisches Denkmal für Nebraska
1982 widmete Bruce Springsteen dem Staat ein ganzes Album, das schlichtweg auch genau diesen Namen trägt: Nebraska. Das gleichnamige Titelstück geht auf eine wahre Geschichte um Charles Starkweather zurück. Dieser erlangte im Jahre 1958 zweifelhafte Berühmtheit, als er zusammen mit seiner 14-jährigen Freundin quer durch Nebraska und Wyoming reiste, um mehrere Morde zu verüben. Mit seiner Schrotflinte erschoss er insgesamt elf Menschen und wurde wenige Monate später zum Tode verurteilt. Starkweathers Geschichte wurde seitdem mehrmals verfilmt, unter anderem in Badlands (1973) mit Sissy Spacek und Charlie Sheen.
Das Besondere an dem Album Nebraska ist seine Simplizität. Die meisten Stücke bestehen lediglich aus dem Spiel mit Akustikgitarre, Mundharmonika und Springsteens Gesang. Tatsächlich nahm er das gesamte Album allein in seinem Schlafzimmer mittels eines Kassettenrekorders auf. Ursprünglich sollten diese Demo-Aufnahmen Springsteen nur dazu dienen, sie seiner Band vorzuspielen, um sie anschließend vollumfänglich instrumentiert aufzunehmen. Doch Springsteen gefiel die melancholische und raue Atmosphäre seiner Songs so gut, dass sie genau so auf dem Album landeten.
Tristesse und Einsamkeit – genau dafür steht Springsteens Album
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Das Everyday Life aus den USA akustisch verpackt: Unaufgeregt und wunderbar trist
Springsteen macht auf dem Album genau das, wofür ihn viele seiner Fans schätzen. Er nimmt sich kleine Geschichten aus dem Alltag und verpackt sie, ganz unaufgeregt, in Singer-Songwriter-Manier als akustisches Paket, das uns das Everyday Life aus den USA vor Augen führt. Da ist der kleine Junge in Used Cars, der seinen Vater und seine Mutter dabei beobachtet, wie sie nervös vor dem Gebrauchtwagenhändler stehen.
Da ist in Highway Patrolman der Polizist, der einen Bruder hat, der immer wieder Ärger macht und von ihm schon längst hinter Gitter gesperrt sein sollte. Doch, hey: „But when it’s your brother, sometimes you look the other way“. Und da ist schließlich auch noch ein Song wie My Father’s House, in dem jemand verzweifelt durch die Dunkelheit läuft und hofft, etwas zu finden, von dem er weiß, dass es eigentlich schon längst nicht mehr da ist. Er bringt die unendliche, wunderschöne Tristesse Nebraskas perfekt zum Ausdruck: „Last night I dreamed that I was a child, out where the pines grow wild and tall. I was trying to make it home through the forest before the darkness falls.“
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Mehr Informationen
Nebraska im Kurzportrait
Abschließend hier noch ein paar wissenswerte Fakten zu Nebraska:
- Einwohnerzahl: ca. 1,8 Millionen
- Fläche: ca. 200.520 Quadratkilometer (sechzehntgrößter Staat der USA)
- Hauptstadt: Lincoln (ca. 280.000 Einwohner)
- Höchster Punkt: Panorama Point (1.653 Meter)
- Staatsmotto: Equality Before the Law (Gleichheit vor dem Gesetz)
- Spitznamen: Cornhusker State, Beef State
- US-Staat seit: 01. März 1867
Funfacts über Nebraska: Hättet ihr’s gewusst?
Grenzland: Nebraska ist der einzige Staat, von dem aus mindestens drei Grenzen zu anderen Bundesstaaten überquert werden müssen, um an ein Meer zu gelangen. Wer sich gen Norden aufmacht, befindet sich nach der Durchquerung der Bundesstaaten South Dakota und North Dakota in Kanada – und musste damit sogar eine Grenze zu einem anderen Land überschreiten, um ans Meer zu gelangen.
Was mache ich damit bloß? Nachdem Bruce Springsteen in einer nächtlichen Session das Album Nebraska in seinem Schlafzimmer einspielte, trug er die Kassette tatsächlich erst einmal mehrere Tage in seiner Hosentasche mit sich herum. Er wusste zunächst schlichtweg gar nicht genau, was er mit seinen Aufnahmen anfangen sollte. Dies sollte dazu führen, dass Produzenten und Tontechniker später mit erheblichen Problemen zu kämpfen hatten. Der Grund: Die Tonqualität von Springsteens Aufnahmen war einfach dermaßen schlecht, dass die Tontechniker ein beträchtliches Maß an Rauschen herausfiltern mussten, damit man es einigermaßen „hörbar“ auf Vinyl pressen konnte.
A Beautiful Redneck from Nebraska: In der US-amerikanischen Sitcom Full House (1987 bis 1992) wird häufig mit dem Klischee gespielt, dass Nebraska ein Staat voller Rednecks (Hinterwäldler) sei, die auf ihren Farmen arbeiten und von bescheidener Intelligenz gesegnet sind. Die Serienfigur Rebecca „Becky“ Donaldson stammt aus Nebraska, womit ihr Verlobter und späterer Ehemann Jesse Katsopolis sie immer wieder aufzieht. Zum Beispiel in der Szene, in welcher beide sich die Vorstellung einer Traumhochzeit des jeweils anderen vor Augen führen.
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