Werte Damen und Herren, machen Sie sich gefasst auf ein Epos voller Tragik, Leid, Wahnsinn und etwas Comedy über das Reisen mit dem Zug. Denn ich habe mich letztens auf die Odyssee nach Dortmund begeben, um meine Schwester zu besuchen und das, was ich erlebt habe….uiuiui!
Auf der Schwäbsche‘ Oisbo!
Bildquelle: unsplash.com
Gerade verspeise ich noch in der Arbeit meine 6 Sushi-Rollen, die mir vom Vortag übrig geblieben sind. Diese sollten mir für die 7 Stunden Fahrt, die mir in drei Stunden bevorstehen würde, genügen. Neben mir ist mein bestens gepackter Reisekoffer mit allem, was ich für den Aufenthalt in Dortmund brauche, sowie eine Powerbank, die vermutlich funktionieren sollte, wo ich jedoch so dunkle Erinnerungen hatte, dass diese mich mal doch im Stich gelassen hat. Zwischendurch beschleicht mich dann doch ein mulmiges Gefühl und ich recherchiere im Netz, ob ECs auch Steckdosen in der 2. Klasse haben nur für den Fall und ob ich nicht doch noch kurz mir von meinen Eltern mein Buch vorbeibringen lassen sollte.
Das Internet hat mir jedoch versichert, dass, solange ich einen Sitzplatz bekomme (ich habe übrigens keinen reserviert), ich mir keine Gedanken darüber machen muss, dass mein einziges Unterhaltungsmedium während der Fahrt stirbt.
Ich begebe mich munter auf den Weg zum Bahnhof. Die DB App sagt mir, mein Zug würde pünktlich in 30 Minuten eintreffen. Ich persönlich gehe immer gerne 10-15 Minuten früher los als nötig, um einen Puffer zu haben. Wie es auch der Zufall so will, bin ich einem meiner Freunde begegnet, den ich wegen Corona seit längerem nicht mehr getroffen habe und habe den Puffer dafür genutzt, um uns mal wieder auszutauschen. Während des Gesprächs habe ich dann auch direkt von der DB eine E-Mail bekommen, mein Zug hätte 10 Minuten Verspätung.
Ich aktualisiere also die Fahrplan-Info in der App, um zu sehen, ob sich das Gleis auch geändert hätte: „Informationen für diese Verbindung können nicht abgerufen werden.“ Schön, dass das in den letzten sechs Monaten immer noch nicht behoben wurde.
Hurra! Die Bahn ist eingetroffen! Mit jeder Menge Glück ist es mir sogar gelungen einen freien Sitzplatz am Fenster zu bekommen und stelle erleichtert fest, dass das Internet keinen Mist erzählt hat: Ich habe eine Steckdose. Voller Freude prahle ich vor meinen Freunden auf WhatsApp und Discord über meinen Fund und die Direktverbindung nach Dortmund für nur 44€.
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Hier mal eines der schönen Fotos, die ich während der Fahrt geschossen habe.
Bildquelle: Handy vom Autor
Der Zug fährt los und der Lokführer lässt über Durchsage vermelden, dass „das Bordbistro ausnahmsweise dieses Mal leider nicht dabei ist.“ Okay, halb so wild. Dann muss ich eben etwas hungern, sollte ich am Ende der Fahrt etwas Appetit verspüren. Ich wünschte, ich hätte vorher gewusst, was mich noch erwarten würde.
Ein Hoch auf das kostenlose WLAN im Zug. So kann ich in der Zeit mit einem Kumpel im Multiplayer Genshin Impact spielen und mich anschließend noch mit meinen internationalen Freunden auf Discord (=ist übrigens sowas wie Skype, nur halt für „junge Leute“) chatten, die mir während der Fahrt Gesellschaft leisten können. Zwischendurch schicke ich Bilder von der Landschaft in die Gruppe, um ihnen ein bisschen was von Deutschland zu zeigen. Inzwischen hat sich auch ein älterer Mann auf den Sitz neben mir platziert. Das wird noch später relevant.
Inzwischen haben wir eine Stunde Verspätung. Zum einen wegen eines Polizeieinsatzes am Mainzer Hauptbahnhof und einem anderen Zug, der zu unser Gleis belegt hat und zum anderen, weil auf der Strecke am Vortag ein Brand ausgebrochen ist, und die teilweise noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sind.
Schon wieder stehen wir wegen Stau auf den Gleisen. Schon ironisch, wenn man eigentlich Zug fährt, um dem Stau auf den Autobahnen zu entkommen. Der Zugführer meldet: „Klimaanlage in Wagen 5 ist ausgefallen und die Durchluft ist defekt. Bitte verteilen Sie sich auf die Wagen 6 und 7, ansonsten bleibt der Zug so lange stehen, bis alle aus dem Wagen draußen sind.“
Schon wieder Stau. Inzwischen verteilt das Bordpersonal Fahrgastrechte-Formulare an alle Fahrgäste. Kein gutes Omen. Wegen der Maskenpflicht fallen mir auch schon fast die Ohren ab und auch mein Magen lässt spürbar anmerken, dass die 6 Rollen Sushi nicht ausreichend für die Fahrt waren.
Vor 50 Minuten kam das letzte Update, welches besagt, dass meine Ankunft um 22:38 Uhr ist. Ursprünglich angepeilt war 21:17 Uhr. Währenddessen habe ich mir den Entschluss gefasst, sollte mein Sitznachbar unerwarteterweise während der Fahrt an Altersschwäche sterben, werde ich ihn essen, um zu überleben.
Der Zugführer weist über die Lautsprecher seine Assistentin Sally an, seine Sachen zu packen. Sally über die Lautsprecher: „Geht klar, Chef!“. Ich habe mal so getan als ob ich das nicht mitbekommen habe.
Vermutlich hat mein Nachbar meine Intention ihn zu essen gespürt, denn er ist kurz nach meinem Entschluss ausgestiegen. Nächster Halt: Dortmund Hbf. „Es warten vor uns noch 5 weitere Züge auf die Einfahrt. Ich bin optimistisch, dass wir die zwei Stunden Marke knacken werden!“ lässt der Fahrer vermelden. Auch er hat anscheinend nun aufgegeben und ist mit der Inkompetenz seiner Arbeitgeber am Ende.
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Mit dem ICE reisen heißt, sich auf Verspätungen einstellen.
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Inzwischen habe ich sämtliches Gespür für Raum und Zeit verloren, habe das Gefühl, dass der Zug rückwärts fährt und kicher wie der Joker während sich mein Geisteszustand immer mehr dem Wahnsinn nähert. Die wenigen noch aktiven Freunde auf Discord bemitleiden mich oder wundern sich, dass ich noch fahre, weil die aufgrund der Zeitverschiebung bei meinem Fahrtantritt Feierabend hatten und jetzt inzwischen wieder aufstehen, um in die Arbeit zu gehen. Mein Schwager, der mich vom Bahnhof abholen wollte, schaut sich in der Zwischenzeit die Freakshow an, die sich Nachts am Dortmunder Hauptbahnhof so zusammenrottet. Ich verspüre Hunger und das Bedürfnis lautstark Bohemian Rhapsody im Waggon zu singen, nachdem nur noch eine kleine Handvoll Fahrgäste in dem Wagen sind, halte mich aber noch aus Anstandsgründen zurück.
MAMAAAAAAA!!!! I just killed a man!
Thunderstorm and Lightning, very very frightening me! Galileo!!!!!
Let me go! Bismillah! We will never let you go!
Freiheit nach über zwei Stunden Verspätung!!!!!!!!!!!!!!! Schwager hat auf meine Anweisung hin 8 Burger gekauft, welche ich noch auf dem Weg zur U-Bahn zur Hälfte verputzt habe. Auf der Rolltreppe bekomme ich ein Gespräch halbherzig hinter mir mit: „Ab 2 Stunden Verspätung bekommt man 75% des Fahrtpreises zurückerstattet!“…
Die Bahn erstattet mir nur 50%….MAMAAAAAAAAA!!!!!!!
PS: An dieser Stelle möchte ich mich nochmal bei meinen Freunden im Discord bedanken, die mit mir gelitten und mir Gesellschaft geleistet haben: Thank you guys for accompaning me on this Journey and making it less torturing. 177013
PPS: Gimme Admin @Shimp
PPPS: Mizuko is flat
Also ich habe jede Menge Humor, ein umfangreiches Allgemeinwissen und eine Leidenschaft für Gaming. Wenn man mal bei einem Artikel schmunzeln muss, dann kann man sich sicher sein, dass er von mir geschrieben wurde. Sollte ich mal nicht gerade Artikel schreiben oder Computerspiele spielen, dann kann man mich auch bei meinem liebsten Outdoor-Hobby antreffen: Airsoft.
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